Donnerstag, 31. März 2011

Introitus an Palmsonntag - Von Löwen und Einhörnern

Dominica II In Passionis Seu In Palmis


Palmsonntag, das nächste Gregorianische Choralhochamt steht an und ein Introitus, der im Graduale triplex für den NOM nicht mehr vorgeseheh ist als eigener Einzugsgesang für den Beginn der Messe nach der Prozession. Im Graduale Romanum steht er noch. War da nicht mal was?
Zu beachten ist auch, dass in der Heiligen Woche bei allen Introitus kein Gloria Patri gesungen wird.


Siehe auch "Downloads", bzw HIER




O Herr, mit Deiner Hilfe sei mir nicht fern! Schau her und
beschütze mich! Befreie mich aus dem Rachen des Löwen,
vor dem Horne des Einhorns rette mich Armen!
Ps. Mein Gott, mein Gott, was hast Du mich verlassen, bleibst ferne meinen
Bitten, meinen Klagen.

Der Text selbst ruft erst mal Stirnrunzeln hervor. Mit dem gefährlichen Löwen können wir ja noch was anfangen, aber das Einhorn ist in modernen Romanen und Fantasyfilmen von heute ziemlich positiv besetzt.
Man sollte vielleicht die Brüder Grimm nicht ganz abschreiben, denn bei denen gibt es das tapfere Schneiderlein, das noch ein wildes Einhorn fangen sollte, das alles verwüstete.
In den modernen Übersetzungen kommt das Einhorn nicht mehr vor. Der Mater amata blogspot hat sich mal die Mühe gemacht, das 2009 etwas genauer zu beleuchten (http://materamata.blogspot.com/2009_04_01_archive.html)
Dann füge ich also hier an, dass das grimm'sche Volksmärchen den 70 legendären Übersetzern der hebräischen Urtexte des 2. oder 3. Jh. hier ziemlich nahe steht, denn ein Kuscheltier ist im Text des Introitus definitiv nicht gemeint.


Der Beginn des Introitus zeigt 2 nahezu gleiche Tonfolgen Der Ausruf oder Hilferuf an Gott wird melodisch um das ne longe facias verdoppelt, was wohl auch die Dringlichkeit hervorheben soll. Ich interpretiers zumindest so.
Aber auch das scheint dem Komponisten nicht zu genügen, den melodischen Höhepunkt gibt es bei "Aspice" Schau her! rette mich. Diese Stelle ist musikalisch weiter hervorzuheben durch lange Notenwerte.


Danach erst folgt die Schilderung der Bedrohungen von denen der Herr befreien soll, "Libera me", wobei die Tierbilder eher allegorisch zu verstehen sein dürften als Bilder von Sünde, Verderben, Tod (meine Interpretation).
Vor den Viechern, dem "leonis" und „unicornuorum“ lasse ich atmen . Beide Stellen, obwohl scheinbar völlig unterschiedlich komponiert haben eine deutliche Gemeinsamkeit - die ihnen innewohnende Tritonus-Spannung. Doch nicht nur der Tonumfang der jeweiligen Koloratur, auch die Schlusstöne der Viecher zeigen exakt diese Tritonusspannung, indem der Löwe auf "f" endet, das Einhorn auf "h". Soll noch mal einer behaupten die Musiker damals hätten keine Ahnung von Tonmalerei gehabt. Ich weiss nicht ob es den Begriff "diabolus in musica" für den Tritonus damals schon gab, aber für mich ist dieses kompositorische Stilmittel ein weiteres Indiz für die oben erwähnte allegorische Verwendung der Viecher. Der Tierschutzbund braucht damit keine Demos zu starten.
Das was gerettet werden soll "humilitatem meam" ist am Ende hervorgehoben durch die längsten Melismen in diesem Kleinod, das es nun als Introitus zu Beginn der Heiligen Woche gar nicht mehr gibt.

Hörbeispiel von St Rene Goupil

Liebe Mutter Kirche, ich hatte doch schon mal was erwähnt bzgl. Geiz.
Wer auch immer das komponiert hat, der hat sich richtig Mühe gegeben und die Dringlichkeit des Hilferufenden musikalisch eindringlich umgesetzt.
Komm, jetzt gib dir einen Schubs und sei mal nicht so. Du musst doch so was nicht auf ewig verstecken, in diesem Fall auf den Samstag nach "Iudica". 

just my 2 cents..


10 Kommentare:

Robert hat gesagt…

Zur Eröffnung der Palmsonntagsmesse mit Palmweihe und Palmprozession als Einzug in die Kirche passt ja die Antiphon des "Hosanna Filio David" und das "Pueri Hebræorum" recht gut, meine ich. Schon in vorkonziliären Zeiten (an die ich mich da und dort noch erinnere) dünkte mich dann der Introitus fast etwas überflüssig. Dieser - wie Du bemerkt haben wirst - ist nicht gänzlich verschwunden, sondern in den Samstag der der 5. Fastenwoche verschoben worden. Hier aber wird er wohl nur noch in ganz wenigen Klöstern zum Leben erweckt..
Das gafährliche Einhorn neben dem gefährlichen Löwen? Ganz klar ein afrikanisches Nashorn! Gefährlich - die Umgebung verwüstend - 1 Horn! (also eineinhalb, um genau zu sein, aber wir wollen nicht pingelig sein!)
Schöne Seite übrigens, mit wertvollen Gedanken und Hinweisen!

wrtlx hat gesagt…

Höhö, irgendein Viech wird der Allegorie schon zugrundeliegen.Nashorn ist daher auch nicht schlecht.

Zur Eröffnung der Prozession singen wir auch Hosanna Filio David. Nur sah ich dann im Begleitblatt zur lit. Ordnung dann noch den introitus stehen. Jetzt ist es wohl so, dass in der gregorianischen Messe getrennt wird zwischen Prozession und Messe. Ich muss das mit HW Jolie auch erst noch besprechen, wie das genau ablaufen soll. Ich sagte ihm die Schola könne noch ein Stück lernen bis dahin und gab ihm den Introitus oder das Graduale zur Auswahl. Die Entscheidung fiel auf den Introitus. Also hab ich mich damit beschäftigt im Post
und der Introitus gefällt mir wirklich
sehr gut. Musikwissenschaftlich hab ich keine Ansprüche. Ich versuch lediglich die Stücke zu verstehen, damit ich sie meinen Männern auch verständlich machen kann.

wrtlx hat gesagt…

So jetzt hab ich mir die Propriumstexte des Palmsonntags nochmal durchgelesen und danach zu urteilen ist der Introitus nicht mehr so überflüssig wie er vordergründig noch erscheinen mag.
Ich hab ja auch gedacht: Nu war schon Prozession und dann nochmal Einzug?
Siehe bitte im link (http://www.pfarrer-jolie.de/gregorianische-messe/liturgische-texte/) das doc palmsonntag.pdf, was dort zumindest bis 17. Apr. 2011 zu sehen ist.
Zumindest kann ich hier den Kontrast sehen zwischen Palmsonntagsprozession und hl Messe, die textübergreifend auf das Triduum ausgerichtet ist. Die Tatsache, dass der Text des Introitus sich im Tractus wiederfindet, also doppelt verwendet wird, hebt seine Bedeutung für mich klar heraus. Die allegorische Bedeutung des Löwen und des Einhorns(imho Sünde, Tod, Verderben, etc..) bedarf zwar einer Erklärung, aber das ist woanders auch so. Erst wenn man die Allegorie der Justitia, die blinde Dame mit der Wagschale sieht, bekommt man eine Ahnung davon, was der Begriff bedeutet.

Laurentius Rhenanius hat gesagt…

Habe die Seite gerade entdeckt. Wunderbar! Gratulation und herzlich willkommen in der Blogozese.

wrtlx hat gesagt…

Danke. Wie heisst es in Dinner for one: I'll try my very best.

Ph. hat gesagt…

Hey, toll, dass Sie bloggen!

Mir gefällt Ihr Blog sehr gut, da ich auch ein großer Liebhaber des Gesangs unserer Kirche bin. Ich habe Sie gleich mal bei mir verlinkt, wenn es in Ordnung ist. Ein herzliches Willkommen!

Phillip von Buen Camino

josmbethle hat gesagt…

Sehr schön! Gefällt mir! Wohl auch für Pfr. Jollie tätig? Und in Mainz. Toll.Auf meinen beiden Blogs geht es auch immer um Liturgie. Kannst Dich ja mal melden.
Lb.Gr. jos.

wrtlx hat gesagt…

Mainz war eine Ausnahme, da war ein levitiertes Hochamt Samstag 26. März in St Joseph und Pfarrer Jolie hatte uns gebeten dort zu singen.
Ich orgel und chorleite als Hobby so vor mich hin in der Pfarrgruppe Darmstadt-Ost.
Aber mit der Gesamtsituation bin ich nicht unzufrieden :). Ein musikbegeisterter, dialogfähiger Priester (Jolie, selbst ein guter Musiker), treue, disziplinierte Sänger in der Schola, die mitziehen wo immer es möglich ist und für mich als Katholik und Musiker eine neue Herausforderung durch die Gregorianischen Hochämter einmal im Monat.
Die Rädchen greifen ziemlich gut ineinander.

Tiberius hat gesagt…

Das Propium ist ja ziemlich umfangreich. Wir werden den Tractus psalmodieren, damit es nicht so lang wird. Es kommt ja schließlich auch noch die gesungene Passion dazu. Ansonsten haben wir das Proprium der Messe komplett. Im Vergleich zum Introitus finde ich das Graduale echt schwierig. Sitze gerade am Vers, den ich etwas voreilig übernommen habe. Ich gehe mal davon aus, daß Ihr die Messe in der neuen Form feiert? Welche Teile des Propriums werden bei Euch gesungen? Vale! Tiberius

wrtlx hat gesagt…

Beides, neue und überlieferte Form.
Die neue Form der Messe morgens 9:15 und die überlieferte Form abends 17:00 h.
Für die überlieferte Form haben wir im Prozessionsteil Hodsanna Filio David gesungen, was ziemlich einfach ist.
Dann folgte der obige Introitus zu Beginn der hl. Messe.
Das originale Graduale können wir nicht, da wäre die Schola überfordert. Keine Chance bei 60 min Probe pro Woche Samstag vormittags.
Der Pfarrer wünschte sich dann stattdessen die Antiphon "Crucem tuam" vom Karfreitag.
Zur Communio sangen wir dann den Hymnus "Crux fidelis" (V.Fortunatus), ebenfalls vom Karfreitag.
Als ordinarium wurde die GL 415ff + Credo GL423 gesungen.
Auszug "stabat mater" GL 584.